Umweltschutz und EG-Agrarsubventionen
EG-Verordnung zum Cross-Compliance bei Direktzahlungen erlassen
Die Europäische Gemeinschaft hat ihren Anspruch auf eine Sektor-übergreifende
Umweltpolitik einmal mehr unterstrichen. Im EG-Amtsblatt Nr. 270 vom 21. Oktober
2003 ist die "EG-Verordnung 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen
im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik" verkündet worden. Nach stolzen 50 Erwä-
gungsgründen und den obligatorischen Definitionen bringt die umfangreiche Verord-
nung gleich in den Artikeln 3 ff. zum Ausdruck, dass als Voraussetzung für die
Gewährung von Direktzahlungen die Landwirte künftig verpflichtet sind,
- Grundanforderungen im Hinblick auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,
die Umwelt und den Tierschutz zu beachten sowie
- ihre Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhal-
ten.
Bemerkenswert sind diese Regelungen deshalb, weil es sich nicht etwa um appellatori-
sche, abstrakte Klauseln handelt, sondern eine umfangreiche inhaltliche Präzisierung
folgt und weil zudem über die ausgefeilten Mechanismen des "integrierten Verwaltungs-
und Kontrollsystems" eine auch für deutsche Verhältnisse relativ intensive Kontrolle
stattfindet (Art. 17 ff. VO 1782/2003). Inhaltlich laufen die Regelungen in erheblichem
Umfang auf die Nachhaltigkeits-Anforderungen hinaus, die nach langen, heftigen Dis-
kussionen in § 5 Abs. 4 Bundes-Naturschutzgesetz (rahmenrechtlich) niedergelegt wur-
den und für die ein funktionierender Vollzug in den Ländern noch nicht ersichtlich ist.
Im Einzelnen:
Art. 5 Abs. 2 VO 1782/2003 verpflichtet die Mitgliedstaaten, den im Jahr 2003 vorhan-
denen Bestand von Dauergrünland dauerhaft zu erhalten. Dies bedeutet weit gehend
ein Umbruchverbot nicht nur in Überschwemmungsgebieten, an Hängen und anderen
Sonderstandorten (vgl. § 5 Abs. 4 BNatSchG), sondern überall.
In Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Anhang IV VO 1782/2003 werden Kriterien für den Bodenschutz
bei der Flächenbewirtschaftung aufgestellt. Genannt sind die Aspekte Erosionsschutz,
Erhaltung der organischen Substanz und der Bodenstruktur sowie Landschaftspflege.
Die Mitgliedstaaten besitzen zunächst einen Spielraum, hierfür präzisierte Anforderun-
gen zu entwickeln - dies ist offensichtlich dem Fehlen von etablierten Standards und
Prüfmethoden geschuldet. Dennoch ist auch in diesem Bereich vorprogrammiert, dass
mit der Schaffung nationaler Standards für die nachhaltige Bewirtschaftung wesentlich
energischer und schneller - und mit mehr Akzeptanz - Ergebnisse erreicht werden, als
es das BNatSchG und das Bundes-Bodenschutzgesetz (§ 17) vermochten.
Den dritten wichtigen Bereich der Umweltanforderungen regelt Art. 4 i.V.m. Anhang III
VO 1782/2003. Getreu ihrem Grundsatz, Subventionen an die Einhaltung der Umwelt-
vorschriften zu koppeln, hat die EG hier 18 verschiedene Vorschriften ihres Umwel-
trechts aufgelistet, deren Einhaltung die Mitgliedstaaten mit den InVeKoS-Mechanismen
gewährleisten müssen (ursprünglich hatte die Kommission sogar einen mehr als dop-
pelt so langen Katalog entworfen). In dieser Liste finden sich u.a. grundlegende Richt-
linien des Naturschutzes und des Gewässerschutzes. Damit wird zwar nichts inhaltlich
Neues verlangt. Die zusätzlichen Vollzugspflichten, welche die Mitgliedstaaten unter
den kritischen Augen des Europäischen Rechnungshofes zu erfüllen haben und die mit
der Sanktion von Rückzahlungspflichten an die EG bewehrt sind, kommen jedoch den
Umweltbehörden in Zeiten staatlicher Personaleinsparungen mehr als gelegen.
Insgesamt erweist sich der "goldene Zügel" der EG-Agrarpolitik mit diesen Vorschriften
als ein Lenkungsinstrument, das zwar nicht alle Wünsche engagierter Umweltschützer
befriedigt, aber den politischen Anspruch des Umweltschutzes als Querschnittsmaterie
mit einer respektablen Konsequenz und Wirksamkeit umsetzt. Mit den neuen Vorschrif-
ten besteht auch die Chance zu einem allmählichen Bewusstseinswandel in der Land-
wirtschaft. Den Betriebsinhabern sind ihre ökologischen Pflichten mitzuteilen (Art. 3
Abs. 2 RL 1782/2003). Es bleibt zu hoffen, dass Landwirte die Umweltschutzstandards
zunehmend als selbstverständlichen Teil der Rahmenbedingungen akzeptieren, unter
denen sie ihre Betriebe führen und Unterstützungen aus öffentlichen Kassen erhalten.
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